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Sie sind hier: WirRheinländer > Weimarer Republik, Nazidiktatur und Zweiter Weltkrieg (1919 – 1945) > Von Navajos und Edelweißpiraten: Unangepasstes Jugendverhalten in Kölln 1933 - 1945 > Edelweisspiraten 1943 und 1944
Die Gruppen unangepasster Jugendlicher der Jahre 1943/44 unterschieden sich in wesentlichen Punkten von ihren „Vorgängern" der ersten Kriegsjahre. Weitaus stärker als letztere waren die 15- bis 17-Jährigen seit 1943 vom Bombenkrieg und der sich abzeichnenden deutschen Niederlage geprägt.
Die zunehmende Zerstörung des Lebensumfelds und die damit einhergehende Auflösung bisheriger Moralvorstellungen bestimmten die Sicht und das Handeln der Heranwachsenden, die in einer Welt aufwuchsen, die ihnen in mehrfacher Hinsicht keine Grenzen, aber auch keine Perspektiven mehr aufzeigen konnte.
Angst spielte eine immer geringere Rolle. Wer tagtäglich den Tod vor Augen hatte, verlor auch den Respekt vor der Gestapo. Außerdem vermischten sich im Köln der letzten Kriegsmonate sehr unterschiedliche Menschen und Gruppen, die eins gemein hatten: Sie waren untergetaucht, lebten illegal und taten naturgemäß alles, um ihr Überleben zu sichern. So skrupellos, wie die Gestapo und andere NS-Institutionen gegen sie vorgingen, so rigoros verteidigten sie sich. „Normale" Wertmaßstäbe waren unter solchen Bedingungen nicht mehr anzulegen.
Außerdem lösten sich Gruppenzusammenhänge immer stärker auf. Ende September 1944 berichtete die Kölner Gestapo, dass die „Bearbeitung von Vorgängen gegen sogenannte Edelweißpiraten" wegen „kriegswichtiger" Ermittlungen zurückgestellt würden. Den entsprechenden Handlungsbedarf schätzte sie zu diesem Zeitpunkt aber ohnehin nicht mehr hoch ein: „Der größte Teil der Jugendlichen befindet sich z.Zt. am Westwall, wodurch die Betätigung im Sinne der E.P. merklich nachgelassen hat."