Landschaftsverband Rheinland - Qualität für Menschen

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Inhaltsverzeichnis

Weimarer Republik, Nazidiktatur und Zweiter Weltkrieg (1919 – 1945)

Das Rheinland im Nationalsozialismus und "Dritten Reich"

Gegen den Nationalsozialismus zeigte sich das Rheinland resistenter als andere Regionen Deutschlands. Sein städtisch-bürgerliches und katholisch-soziales Milieu ließ nur unterdurchschnittliche Wahlergebnisse zu. Dagegen lag die Zahl rheinischer NSDAP-Mitglieder mit auffällig vielen Angestellten und Selbständigen und wenigen Bauern auf Reichsniveau. In der Führungsriege sind Reichspropagandaminister Joseph Goebbels (1897-1945) aus Rheydt, Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop (1893-1946) aus Wesel und der Chef der "Deutschen Arbeitsfront" Robert Ley (1890-1945) aus Niederbreidenbach die exponiertesten rheinischen Nationalsozialisten.

Bei der Beseitigung der letzten Reste von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit setzte das Rheinland nicht mehr Widerstand entgegen als andere Länder. Große Auflehnung gegen die Beseitigung der verfassungsmäßigen Strukturen fehlte. Die Verfolgung von politisch Andersdenkenden, die barbarische Missachtung der Menschenrechte und -würde nahm einen ähnlichen Verlauf wie im übrigen Deutschland.

Eine spezifisch rheinische Gruppe von Opfern nationalsozialistischer "Rassehygiene" waren die im Sommer 1937 zwangssterilisierten Kinder deutscher Frauen und farbiger Besatzungssoldaten ("Rheinlandbastarde").

Die Reichspogromnacht vom 9./10. November 1938 ("Reichskristallnacht")

Auch am Rhein liefen die Novemberpogrome und die „Reichskristallnacht" am 9./10. November 1938 und die Deportation von Juden und anderen Verfolgten mit notorischer Radikalität und Planmäßigkeit ab. Nur ganz wenige Synagogen, die bereits vorher andere Besitzer gefunden hatten, weil das jüdische Leben bereits erloschen oder unmöglich geworden war, blieben unzerstört.

Am 12. November 1938 verfügte Hermann Göring als Hitlers „Beauftragter für den Vierjahresplan" eine „Sühneleistung" der deutschen Juden von einer Milliarde Reichsmark für die Kosten zur Wiederherstellung des in der „Reichskristallnacht" durch die nationalsozialistischen Pogrome beschädigten jüdischen Eigentums. Opfer wurden damit zu Tätern gemacht. Die Behörden trieben in nur einer Woche die Zwangskontribution von der jüdischen Bevölkerung ein – zum Abbau der Inlandsverschuldung des Staates, die 1938 auf den Rekord von 42 Milliarden Reichsmark gestiegen war.

"Der Oberbürgermeister
als Ortspolizeibehörde
Abteilung 21 Ob.

Oberhausen, den 23. Mai 1939

1.) Herrn
Isidor Kahn,
Vorsitzender der ehem. Jüdischen
Gemeinde zu Oberhausen Rhld.
zust. Herrn Fritz Minhorst
Geqen Behändiqunqsschein

 

Oberhausen
Altmarkt 2.

 

POLIZEILICHE FESTSETZUNG

Infolge der durch Brand zerstörten Synagoge auf dem Grundstück Friedenstr. Nr. 24, hier, (Gemarkung Oberhausen, Flur 35, Parzellen 406/219 und 407/130) waren, um Gefahren von der Allgemeinheit abzuwehren, durch welche die öffentliche Sicherheit und Ordnung hätte bedroht werden können, nach pflichtmäßigem Ermessen der Baupolizeibehörde folgende Maßnahmen erforderlich:

  1. Abbruch der nach dem Brand stehengebliebenen Giebelwände,
  2. Beseitigung aller übrigen Gebäudeteile,
  3. Wiederherstellung der Einfriedung.

Auf Grund der §§ 53 und 55 des Polizeiverwaltungsgesetzes vom 1.6.1931 [ ] insbesondere auf Grund der Verordnung des Beauftragten für den Vierjahresplan zur Wiederherstellung des Straßenbildes vom 12.11.1938LJ mußte aus Gründen des öffentlichen Interesses die sofortige Ausführung der Arbeiten durch einen Dritten erfolgen.

Die Arbeiten, die nach Ausschreibung an die mindestfordernden Bauhandwerker vergeben wurden, haben ausweislich der bei der Baupolizei zur Einsicht offenliegenden Rechnungen folgende Kosten verursacht:

 

 

  1. Abbruch der nach dem Brand stehengebliebenen Giebelwände: 344,82 RM
  2. Beseitigung aller übrigen Gebäudeteile: 2720,00 RM
  3. Wiederherstellung der Einfriedung: 93,60 RM
  4. Portoauslagen und Telefongebühren: 1,18 RM
  5. Zusammen: 3159,60 RM

Dieser Betrag wird hiermit festgesetzt. Gleichzeitig ergeht die Aufforderung an Sie, diese Schuldsumme binnen 1 Woche bei der Stadtkasse in Oberhausen Rhld. einzuzahlen.

D[urchschriften] erhalten die Stadtkasse und Abt. 14

zur Kenntnis

I.V.

Kuhlmann"

 

Die Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges im Rheinland

Früher als das übrige Deutschland spürte die Rhein-Ruhr-Region die Vergeltung für Hitlers Eroberungskrieg. Ab Mai 1940 wurden Luftangriffe ein alltäglicher Schrecken. Gerade in den letzten Kriegsmonaten gingen noch viele rheinische Städte in Nahkampf und Bombenhagel zugrunde.

Das Ruhrgebiet, die besondere Wirtschaftskraft der Rheinlande und die strategische Bedeutung machten das heutige Nordrhein-Westfalen zu Kriegsbeginn zu einem Zentrum des Zweiten Weltkriegs. Das Ruhrgebiet war Startpunkt der Blitzkriege gegen die neutralen Nachbarn und Zentrum der kriegswichtigen Schlüsselindustrien und Waffenproduktion. Ab 1942 konzentrierte sich ein erheblicher Teil des Luftkriegs der Alliierten auf das Ruhrgebiet. Mit Aachen wurde 1944 auch die erste deutsche Stadt von den Alliierten erobert und gegen Ende des Krieges fanden Schlachten und Kämpfe wie die Schlacht im Hürtgenwald statt, die am Ende starke Zerstörungen und Verwüstungen hinterließen.


 

Im Zweiten Weltkrieg beschädigte Gebäude im Vergleich zum Gesamtbestand:

Düren 99% Duisburg 65% Remscheid 51% Kleve 47% Oberhausen 31 %
Jülich 97% Koblenz 61% Krefeld 50% Wuppertal 39% Mühlheim 29%
Moers 76% Düsseldorf 51% Aachen 48% Bottrop 38% M'Gladbach 24%
Köln 70% Essen 51% Bonn 47% Neuss 37% Solingen 20%

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