Landschaftsverband Rheinland - Qualität für Menschen

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Erster Weltkrieg (1914 – 1918)

Der "Steckrübenwinter" und der Kampf an der sog. "Heimatfront"

Keine der beteiligten Nationen war bei Kriegsausbruch wirtschaftlich auf einen lang anhaltenden, schließlich alle Ressourcen in Anspruch nehmenden Kampf vorbereitet.

Nachdem der Bewegungskrieg zum Stellungs- und Grabenkrieg geworden war, wirkten sich die mittelbaren Folgen des Krieges recht bald auch auf die Zivilbevölkerung aus. Ausfälle in der Nahrungsmittelversorgung durch fehlende Importe aus Russland, Polen und Übersee während des Krieges konnten nicht gedeckt werden. Außerdem wurden viele Bauern zum Militärdienst eingezogen, und es kam bereits im Herbst 1914 zu erheblichen Ernteausfällen und ersten Engpässen in der Lebensmittelversorgung. Besonders die Grundnahrungsmittel Brot und Kartoffeln wurden bald knapp. Viele Lebensmittel wurden ab 1915 rationiert und waren nur auf Lebensmittelmarken erhältlich. Nicht auf Marken erhältliche Lebensmittel wurden bald so teuer, dass ärmere und gering verdienende Bevölkerungsschichten sich diese nicht mehr leisten konnten.

Einen vorläufigen Höhepunkt der Nahrungsmittelknappheit sollte der berüchtigte "Steckrüben-" oder "Hungerwinter" 1916/17 darstellen. Ein verregneter Herbst verursachte eine Kartoffelfäule, die die Ernte etwa auf die Hälfte des Vorjahres reduzierte. Ein extrem kalter Winter führte zu einem erheblichen Kohlenmangel sowohl in den Privathaushalten als auch bei den Eisenbahnverwaltungen, so dass der Transport der Kartoffeln zu den Verbrauchern hauptsächlich in den großen Städten erschwert wurde und viele Kartoffeln auf dem Wege verdarben. Um den Menschen wenigstens das Überleben zu sichern, gaben Städte und Gemeinde Steckrüben aus, die mangels Alternative in jeder nur denkbaren Variante zubereitet wurden. Da jedoch an anderen Lebensmitteln, hauptsächlich jedoch an Ölen und Fetten, absoluter Mangel herrschte, war der Speiseplan sehr eingeschränkt. Es wurden Volksküchen, in denen Suppe an Not leidende Familien ausgeteilt wurde, und Wärmehallen eingerichtet. Außerdem waren die Wälder und Parks zur Abholzung freigegeben.

Auch die gesamtwirtschaftliche Situation Deutschlands hatte sich im Laufe des Krieges immer weiter verschlechtert. Eine Seeblockade Englands schnitt das deutsche Reich weitgehend von Einfuhren jeder Art ab. Bereits 1914 wurden sämtliche kriegswichtigen Rohstoffe von der Kriegsrohstoffabteilung (KRA) unter Walther Rathenau verwaltet. Haushaltsgegenstände aus kriegswichtigen Materialien (u. a. Kupfer, Zinn, Gummi) werden enteignet. Die Bevölkerung wurde durch geschickte Propaganda dazu bewogen, Gold und andere Edelmetalle abzugeben ("Gold gab ich für Eisen"). Zusätzlich sollten Ersparnisse und vorhandenes Bargeld in sog. "Kriegsanleihen" angelegt werden.

Um die großen Verluste an den Fronten auszugleichen, wurden immer mehr Männer zum Militärdienst eingezogen und die frei werdenden Arbeitsplätze, besonders in der Rüstungsproduktion und in anderen Industriezweigen, durch Frauen ersetzt.

1917 wurden die Brotrationen noch einmal gekürzt. Die zunehmend schlechtere Gesamtversorgung mit Nahrungsmitteln führte in der Folge zu Hungerprotesten und Streiks. Sie bekamen, verbunden mit einer Forderung nach Frieden aber auch einer dem Arbeitsleben adäquaten gesellschaftspolitischen Rolle der Frau (Forderung nach Wahlrecht), zunehmend eine politische Dimension.

An den Folgen des Krieges starben alleine in Deutschland ca. 700.000 Zivilisten Im letzten Kriegsjahr 1918 tötete eine weltweit wütende Spanische Grippe viele unterernährte und gesundheitlich geschwächte Menschen.   

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