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Im Zuge des sich vertiefenden Ost-West-Gegensatzes verlagerten sich die Machtzentren an die Peripherie: an die Spree im Osten und den Rhein im Westen. Im Juni 1945 entstand in Köln mit der "Christlich-Demokratischen Volkspartei" der Vorläufer der CDU, die fortan die deutsche Politik maßgeblich prägen sollte. Parallel zum Aufstieg Konrad Adenauers (1876-1967) zum Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, deren Hauptstadt ab 1949 Bonn war, wurde das Rheinland nach mehr als tausend Jahren wieder Mittelpunkt eines deutschen Staatswesens.
Konrad Adenauer (CDU), 1948/49 Präsident des Parlamentarischen Rates zur Ausarbeitung eines Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland, schrieb in seinen "Erinnerungen" zur Wahl Bonns als provisorischer Hauptstadt des westdeutschen Staates:
"Am 10. Mai [1949] erfolgte unter den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates die Abstimmung, ob Frankfurt oder Bonn vorläufige Bundeshauptstadt werden würde. Über diese Frage bestand große Uneinigkeit zwischen den Parteien im Parlamentarischen Rat. Die CDU/CSU trat für Bonn als vorläufige Bundeshauptstadt ein, die SPD für Frankfurt.
Die SPD wies darauf hin, daß in Frankfurt bereits zahlreiche bizonale Verwaltungsbehörden bestünden und daß dieser Umstand Erleichterungen für den Aufbau der Bundesbehörden brächte.
Der wichtigste Grund der SPD war jedoch, daß Frankfurt im sozialdemokratisch regierten Hessen lag und nach ihrer Meinung eine sozialdemokratische Tradition und Atmosphäre besaß. Wenn Frankfurt zur vorläufigen Bundeshauptstadt gewählt würde, versprach sie sich eine entsprechende Ausstrahlung des sozialdemokratischen Einflusses auf das gesamte Bundesgebiet.
Die CDU/CSU trat für Bonn ein. Wir wollten verhindern, daß eine neue Bundesregierung zu nahe bei dem Sitz der Alliierten Militärregierung ihre Tätigkeit ausübe. Wir wollten alles vermeiden, was den Eindruck hervorrufen konnte, daß eine neue Bundesregierung lediglich ein Ausführungsorgan der alliierten Besatzungsmächte sei.
Mir ist oft vorgeworfen worden, ich hätte mich für Bonn als Bundeshauptstadt eingesetzt, weil Bonn nahe an meinem Wohnort [Rhöndorf] läge. Diesen Vorwurf betrachte ich als sehr naiv.
Der ausschlaggebende Grund für die Wahl Bonns zur Bundeshauptstadt war schließlich folgender: Die Engländer hatten eine Erklärung abgegeben, falls Bonn zum Sitz der vorläufigen Bundeshauptstadt gewählt würde, seien sie bereit, das Gebiet von Bonn aus der britischen Zone und Militärverwaltung freizugeben. Die Amerikaner konnten eine solche Erklärung hinsichtlich Frankfurts nicht abgeben, weil in Frankfurt eine große Anzahl von amerikanischen Organisationen und sehr wichtigen Verwaltungsstellen ihren Sitz hatte, für die in einer ande-ren Stadt nur schwer hätte Raum geschaffen werden können.
Der Ausgang der Abstimmung war völlig ungewiß. Die Prozedur war sehr langwierig und dauerte bis gegen Mittemacht. [. . .] Es wurden. . . auch andere Städte [Kassel und Stuttgart] vorgeschlagen. [. . .] Mit einem sehr knappen Vorsprung [Bonn: 33, Frankfurt: 29] hatten sich die Mitglieder des Parlamentarischen Rates für Bonn ausgesprochen."