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Wo ist das Rheinland, was macht das Rheinland aus und wer sind seine Bewohner? Die Fragen klingen einfach, die Beantwortung ist es nicht.
Denn die Grenzen des Rheinlandes, besser der Rheinlande, sind nicht alleine am Rhein festzumachen. Seine Bewohnerinnen und Bewohner bevölkern ein Gebiet, das vom Saarland im Süden, dem Niederrhein im Norden, dem Hohen Venn im Westen und dem Höhengebiet des Bergischen Landes zum Sauerland hin im Osten begrenzt wird. Dieses Gebiet hat in seiner Geschichte viele Herrschaftswechsel erlebt, war oft militärisch-strategisches Aufmarschgebiet, vor allem aber eine lebendige wirtschaftliche Metropolregion. Handelszentren wie Köln oder Aachen zogen Menschen aus vielen Ländern Europas an, militärische Besatzungen brachten Soldaten aus allen Teilen Europas in dieses Gebiet. Die Römer waren ebenso hier wie die Germanen und die Franken. Viele Menschen sind geblieben und haben ihre Spuren hinterlassen. Kunst und Kultur spiegeln noch heute eindrucksvoll diese Einflüsse - das Rheinland, Schmelztiegel der Kulturen.
Die Geschichte ist wechselhaft und die Bezeichnung „Rheinland" kann frühestens mit der Besetzung des linken Rheinufers durch die Franzosen im Jahre 1794 verknüpft werden, spätestens mit der preußischen Übernahme nach dem Wiener Kongress 1815 und der Gründung der preußischen „Rheinprovinz" 1822. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts bildete sich so etwas wie ein rheinisches Gemeinschaftsgefühl heraus, man wollte sich vor allem von den Preußen abgrenzen und behielt lange noch die liberaleren und für damalige Verhältnisse fortschrittlich freiheitlichen Ideen der Franzosen, wie den Code Napoleon und andere Gesetze als besonderes Rheinisches Recht bei. Aber auch der rheinische Karneval, 1823 mit dem ersten „Zoch" des „Helden Carneval" gestartet, warb und wirbt noch heute überregional für das besondere Lebensgefühl der Rheinländer.
Das LVR-Freilichtmuseum Kommern, das zugleich auch Rheinisches Landesmuseum für Volkskunde ist, will mit der Ausstellung „WirRheinländer" die Geschichte des Rheinlandes anhand der historischen Ereignisse der Zeit zwischen 1794 und 1950 nachzeichnen. In den rund fünfzig szenischen Darstellungen steht allerdings nicht die hohe Politik im Mittelpunkt, sondern vielmehr die Auswirkungen von politischen Entscheidungen und Verordnungen auf das Leben, den Alltag des einfachen Mannes, der einfachen Frau.
Als Besucherinnen und Besucher können Sie durch die „Kleinstadt Rhenania" wandern, durch Fenster auf Szenen schauen, die Themen behandeln, wie beispielsweise die Veränderungen im Schul- oder Notarwesen, das Leben in der französischen Besatzungszeit, die Vermessung der Rheinlande durch die Franzosen, später dann durch die preußischen Katasterbeamten, die Anfänge des rheinischen Karnevals, die Revolution von 1848 und ihre Folgen, die Auswanderungswellen nach Amerika, die beginnende Industrialisierung bis hin zu den beiden großen Weltkriegen und die Zeit des Wiederaufbaus nach1945.
Die einzelnen Szenen sind liebevoll mit lebensgroßen Figuren ausgestaltet. Die Köpfe vieler Figurinen zieren Gesichter prominenter Rheinländerinnen und Rheinländer. Nicht nur Jürgen Becker, Rainer Pause, Dirk Bach oder Hella von Sinnen haben sich abformen lassen, sondern auch Lotti Krekel, Ernst Hilbich, Jürgen Roters, Walter Eschweiler und viele mehr.
Weitere ca. 150 Personen, die sich als Rheinländerinnen und Rheinländer fühlen, haben sich für die aufwändige Abformprozedur zur Verfügung gestellt.
Schauen Sie also genau hin, lesen Sie die kurzen Einführungstexte zu den Szenen, lassen sie sich einfangen von den vielen originalen Objekten, der Kleidung, den Möbeln, dem Hausrat, den Dokumenten der Zeit, mit denen die Szenen ausgestaltet sind: Achten Sie auch auf Details wie Wegebelag, Hausfassaden und Beleuchtung. Sie alle sind Zeugnisse dieser Jahre, stehen für Wandel, aber auch Konstanz, verweisen auf die spannende und wechselvolle Geschichte, mit denen Rheinländerinnen und Rheinländer Ihren Alltag gestaltet, aber auch mit welchen Strategien sie sich gegen Obrigkeitliches aufgelehnt haben.
In der Ausstellung können Sie in sechs Kabinetten einzelne Themen vertiefen: Internetpräsentationen, Filme, Bilder und Texte geben neben vielen originalen Objekten einen Einblick in die unterschiedlichen rheinischen Entwicklungsphasen. Daneben soll Ihnen unser Museumsmagazin in kurzen Überblicksbeiträgen entscheidende Inhalte zur Vor- und Nachbereitung vermitteln.
Dr. Dieter Pesch, bis 2007 Leiter des LVR-Freilichtmuseums Kommern, hat diese Ausstellung mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Museums erdacht und in Szene gesetzt. Eine herausragende Leistung, insbesondere die handwerkliche Umsetzung und Ausgestaltung der Szenen, die Herstellung der Fassaden, der Figurinen und Dokumentationen, die als Kleinstadt Rhenania ihresgleichen sucht. Dafür gebührt ihm und vor allem allen Mitwirkenden hohes Lob. Am 5. April 2006 eröffnet, hat die Ausstellung bereits im Jahre 2011 den millionsten Gast begrüßen können. Das Interesse - nicht nur der Rheinländerinnen und Rheinländer - ist ungebrochen.
Genießen Sie den Rundgang, genießen Sie die Szenen, tauchen Sie ein in den Alltag der Rheinländerinnen und Rheinländer mit seinen Besonderheiten, Veränderungen und Widrigkeiten der Zeit zwischen 1794 und 1950. Lassen sie sich verzaubern vom Straßengewirr der Kleinstadt Rhenania.